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Endotest – ein Speicheltest auf Endometriose???

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Durch die KiWu-Community ging die Nachricht wie Feuer – es gibt nun einen Speicheltest auf Endometriose, den Endotest! Kann dieser Test wirklich funktionieren? Was ist darüber bekannt und wieviel kostet der Test? Ist der Endotest überhaupt schon auf dem Markt und wird er bald die Bauchspiegelung ersetzen?

Fragen über Fragen – und ich habe von euch auch viele Nachrichten dazu bekommen. Und deswegen möchte ich euch heute in diesem Artikel alles erklären, was bisher zum Endotest bekannt ist!

Was ist Endometriose?

Hier halte ich mich kurz, da ich davon ausgehe, dass die meisten von euch, die diesen Artikel lesen, sich bereits bestens mit Endometriose auskennen.

Für alle anderen: bei Endometriose handelt es sich um eine chronische Erkrankung, die fast ausschließlich Frauen betrifft. Dabei findet sich Gebärmutterschleimhaut an Stellen im Körper, wo diese nicht hingehört (von kleinen Becken über den Darm bis hin zur Lunge kann der gesamte Körper betroffen sein!). Betroffene Frauen leiden unter diversen Beschwerden – sehr häufig kommt es unter anderem zu einer stark schmerzhaften Regelblutung. Die Erkrankung kann außerdem zu Unfruchtbarkeit führen und ist eine der Hauptursachen, warum manche Frauen nicht schwanger werden.

Aktuell ist Endometriose sehr schwer zu diagnostizieren und viele Frauen leiden jahrelang unter den Beschwerden, bevor die Diagnose gestellt wird. Im Schnitt vergehen aktuell 8-10 Jahre, bis eine Endometriose erkannt wird – und das bei einer Erkrankung, die je nach Quelle 2-10% aller Frauen betrifft!

Mein Video zu Endometriose

Was ist der Endotest?

Beim Endotest handelt es sich um einen neuen diagnostischen Speicheltest auf Endometriose. Der Endotest wurde von der französischen Firma Ziwiq entwickelt und ist seit dem 12.10.2022 auf dem Markt. Er basiert auf der Erkennung von spezifischer miRNA (microRNA) mithilfe der Next Generation Sequencing Technologie im Speichel der Testperson.

Endotest Speicheltest auf Endometriose
Bild vom Endotest von der Website der Firma Ziwiq

Der Hersteller des Endotest (Ziwiq) arbeitet laut Website mit der Patientenorganisation Endomind zusammen und basiert den Endotest laut eigener Aussage auf einer der größten Studien weltweit.

Klingt erst einmal gut, oder? Nicht alles davon ist aber so gut, wie es klingt. Sehen wir uns die einzelnen Punkte also einmal genauer an..!

Der Endotest – wirklich eine Revolution?

Wie wird der Endotest durchgeführt?

In Deutschland wird der Endotest exklusiv durch das Labor Eluthia eingesammelt und im Schweizer Labor Team W AG in St. Gallen ausgewertet.

Notwendig ist dafür eine einfache Speichelprobe – das Endotest Diagnostics Testset kann dabei von jedem Arzt angefordert werden (auch wenn Eluthia auf Gynäkolog:innen verweist). Die Auswertung dauert aktuell laut Eluthia etwa zwei Wochen. Sollte die Probe nicht auswertbar sein, wird ein kostenloser Ersatztest angeboten.

Auch wenn Speicheltests oft etwas ungenau wirken – in diesem Falle ist die Konzentration der miRNA im Speichel sogar höher als im Blut und lieferte in der Studie sehr, sehr vergleichbare Ergebnisse. Aufgrund der geringeren Invasivität und der einfacheren Logistik hat man sich daher für einen Speicheltest entschieden.

Wie funktioniert der Endotest?

DNA Strang und Chromosom

Der Endotest basiert auf miRNA (microRNA). Das ist für Laien nicht ganz einfach zu verstehen – ich will es hier aber dennoch kurz probieren:

Eure Erbinformation ist in den Chromosomen in Form von DNA enthalten – diese befindet sich im Zellkern eurer Zellen. Die Info für alle Proteine in eurem Körper ist so gespeichert. Um dann wirklich Proteine zu erzeugen, wird im Zellkern erst eine “Abschrift” erzeugt, die messenger RNA (kurz mRNA). Diese verlässt den Zellkern und wird von sogenannten Ribosomen abgelesen. Diese erzeugen dann wiederum eine Aminosäurenkette und damit ein Protein.

Jetzt gibt es aber verwirrenderweise auf eurer DNA “codierende” und “nicht-codierende” Bereiche. In den codierenden sind die Erbinformationen von bestimmten Genen (und damit Proteinen) enthalten. Früher dachte man, die nicht-codierenden Bereiche wären irrelevant. Inzwischen weiß man, dass diese ebenfalls abgelesen werden und auch zu RNA-Sequenzen führen. Die miRNA ist eine solche RNA. Sie wirkt regulierend und unterdrückt die Ablesung der mRNA bestimmter Gene (also codierender Sequenzen) durch Ribosomen (oder zerstört sogar die mRNA dieser Gene). Sie hemmt damit die Proteinproduktion dieser Gene.

In den letzten Jahren findet man immer mehr Zusammenhänge zwischen bestimmten Erkrankungen und bestimmten miRNAs. So auch bei der Endometriose! Auch wenn man die Zusammenhänge aktuell nicht versteht, kann man bei Patientinnen mit Endometriose bestimmte miRNAs häufiger finden als bei Frauen, die nicht an Endometriose leiden.

Daher erstellt der Endotest quasi ein “Profil” eurer miRNA und sucht nach den für Endometriose typischen miRNAs.

Welche Diagnostik ist bei Endometriose aktuell Goldstandard?

Endometriose Diagnostik Endotest 1

Die aktuelle AMWF Leitlinie zur Diagnostik und Therapie der Endometriose enthält noch die Aussage, dass Biomarker aktuell keine Rolle in der Diagnosefindung darstellen. Da die Leitlinie noch von 2020 ist, ist das allerdings keine große Überraschung. Hier bezieht man sich vor allem auf die Tumormarker CA 125 und CA 19-9 – diese haben bei Endometriose keine ausreichende Testsicherheit.

Für eine definitive Diagnose wird weiterhin ein histologisches Präparat gefordert – dies macht eine diagnostische Laparoskopie (Bauchspiegelung) notwendig und zum derzeitigen Goldstandard.

“Die Laparoskopie mit intraoperativer Gewebeentnahme zur histologischen Untersuchung ist der Goldstandard zur Sicherung der Verdachtsdiagnose einer Endometriose.”

Expertenkonsens AWMF Leitlinie zur Diagnose und Therapie der Endometriose, 2020

Ergänzend wird vor der Laparoskopie eine transvaginale Untersuchung sowie Sonographie und ggf. ein MRT empfohlen – dies dient auch der genauen OP-Planung, kann diese jedoch nicht ersetzen.

Welche Studien gibt es zum Endotest?

Prominent beworben wird auf der Website von Ziwiq, dass der Endotest in einer der größten Studien weltweit in Zusammenarbeit mit 6 französischen Zentren entwickelt wurde. Allerdings bezieht sich die Aussage der Größe der Studie nicht auf Endometriose generell, sondern auf die Fragestellung der Relevanz von miRNA in der Diagnostik der Endometriose. Hierzu gibt es seit ein paar Jahren mehrere kleine Studien, die immer wieder zu dem Ergebnis kamen, dass miRNA in der Diagnostik der Endometriose potentiell eine große Rolle spielen könnte.

Man findet auf der Website von Ziwiq auch die Aussage, man hätte eine große Studie mit 1000 Teilnehmern an fünf verschiedenen Krankenhäusern durchgeführt. Diese Zahl konnte ich in den publizierten Studien zur Zuverlässigkeit des Tests bzw. dessen Entwicklung jedoch nicht finden – hier ist immer wieder stattdessen von einem Sample mit 200 Probandinnen die Rede.

Um die miRNA Sequenzen für den Endotest zu identifizieren, wurden nämlich die Blutplasmaproben von 200 Probandinnen mit klassischer Endometriosesymptomatik analysiert. Davon hatten 153 tatsächlich Endometriose, die anderen 47 dienten als Kontrollgruppe (und hatten eben keine Endometriose trotz ähnlicher Symptomatik). Auf Basis dieser Testgruppe wurden dann ein geeignetes “miRNA Profil” erstellt und so der Endotest entwickelt.

Möglicherweise findet die Studie an 1000 Patientinnen derzeit noch statt und ist daher nicht in den Publikationen zu finden. Das ist nicht unbedingt schlimm – sollte aber fairerweise erklärt werden. In der Medizin ist es nicht unüblich, dass Studien an kleinen Patientengruppen durchgeführt werden. Oft ist eine Erkrankung zu selten oder die Rekrutierung von Patient:innen zu komplex. Im Falle des Endotests ist das allerdings nicht der Fall – und die Herstellerwebsite ist da (bewusst?) etwas irreführend formuliert.

Zusammenfassend gesehen bestätigt aber die Studienlage die Aussage des Herstellers des Endotests – auch wenn es etwas “aufgebauscht” dargestelllt wird!

Wie “sicher” bzw. zuverlässig ist der Endotest?

Wenn man über die Anwendung nachdenkt – sehr sicher. Denn es handelt sich ja um einen nicht-invasiven Speicheltest.

Interessanter ist aber natürlich, wie zuverlässig der Endotest ist. Und tatsächlich sind die “Werte” des Endotests in der oben erwähnten Studie an 200 Probandinnen sehr gut: 97% Sensitivität und 100% Spezifität. Er ist damit allen anderen diagnostischen Optionen (MRT, Ultraschall etc.) weit überlegen.

Doch was heißt das eigentlich? Unter Sensitivität verstehen wir Mediziner, wieviele Betroffene ein Test als tatsächlich betroffen erkennt. In diesem Falle bedeutet es, dass von 100 Frauen mit Endometriose auch 97 erkannt werden – nur bei 3 Frauen würde der Test falsch-negativ ausfallen. Unter der Spezifität versteht man dagegen, wieviele gesunde Personen korrekt als gesund erkannt werden – das ist hier bei 100 von 100 der Fall. Es gibt also quasi KEINE falsch-positiven Ergebnisse – ein positiver Endotest bedeutet damit eigentlich immer, dass die Testperson tatsächlich Endometriose hat. Natürlich hat kein Test der Welt absolute Sicherheit – aber hier sind wir schon in einem sehr, sehr guten Bereich.

Wie viel kostet der Endotest und wird er von den Krankenkassen bezahlt?

Der Endotest wird in Deutschland aktuell für 799€ exklusiv von Eluthia vertrieben und wird derzeit noch nicht standardmäßig von den Krankenkassen übernommen.

Auf der Website von Eluthia gibt es aber ein Formular, mit dem man die Kostenübernahme bei der Krankenkasse beantragen kann. Wie hoch die Erfolgschancen sind, ist aktuell jedoch nicht absehbar. Leider sind gesetzliche Krankenkassen oft recht langsam, wenn es um medizinische Innovationen geht und “drücken” sich lange vor einer Kostenübernahme.

Mein Fazit zum Endotest

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Aktuell sieht es so aus, als wäre der Endotest tatsächlich die Revolution, die in der Diagnostik der Endometriose dringend notwendig war.

Möglicherweise wird dieser Test einmal der “Standard of care” und löst die diagnostische Laparoskopie als Goldstandard ab. Und möglicherweise wird er auch dazu führen, dass Endometriose irgendwann früher erkannt wird und Patientinnen nicht so lange leiden müssen, bevor zumindest eine Diagnose steht. Vielleicht wird er dann sogar von den gesetzlichen Krankenkassen erstattet werden müssen.

Heilen kann der Endotest die Endometriose allerdings nicht. Und das Problem von fehlender Awareness bei den behandelnden Ärzt:innen löst der Endotest auch nicht. Hier ist noch viel weitere Forschung und Aufklärungsarbeit notwendig.

Dennoch ist der Endotest in meinen Augen etwas, über dass sich die Endometriose Community zu Recht freut!

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Quellen

  • Endotest Website (Link, zuletzt abgerufen am 17.10.2022)
  • AMWF Leitlinie “Diagnostik und Therapie der Endometriose”, 2020 (Link)
  • Website von Eluthia (Link, zuletzt abgerufen am 17.10.2022)
  • Bendifallah, S.: “Salivary MicroRNA Signature for Diagnosis of Endometriosis”, J Clin Med, 2022 (Link)
  • Bendifallah, S.: “Endometriosis Associated-miRNome Analysis of Blood Samples: A Prospective Study”, Diagnostikcs (Basel), 2022 (Link)
  • Bendifallah, S.: “A Bioinformatics Approach to MicroRNA-Sequencing Analysis Based on Human Saliva Samples of Patients with Endometriosis”, Int J Mol Sci., 2022 (Link)
  • Bjorkman, S.: “MicroRNAs in endometriosis: biological function and emerging biomarker candidates” Biol. Reprod., 2019 (Link)
  • Moustafa, S.: “Accurate diagnosis of endometriosis using serum microRNAs”, Am J Obstet Gynecol., 2020
  • Raza Raja, M. H.: “Endometriosis, infertility and MicroRNA’s: A review”, J Gynecol Obstet Hum Reprod., 2021

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